Warum Langeweile gut ist

9. Juli 2021

„Mir ist sooooo langweilig!“ Wahrscheinlich kennen alle Eltern diesen Satz von ihren Kindern. Der Wunsch nach Beschäftigung und Aufmerksamkeit fordert Eltern heraus. Antworten wie „Du könntest mir helfen“, „Räume doch dein Zimmer auf“ oder „Decke schon mal den Tisch“ ziehen sicher lange Gesichter nach sich, in denen steht: „Hmm, das wollte ich nicht hören!“.

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Bild: iStock/Nadezhda1906

Auch gewohnte Spiel-, Mal- oder Bastelvorschläge werden schnell eintönig. Dagegen ist auch oft schon bei den Kleinen der Sog zur digitalen Ablenkung groß. Und die Erwachsenen? Stehen vor der Wahl, ob sie versuchen die Bitte zu ignorieren (was meist gar nicht so einfach ist) oder zum Entertainer mutieren. Glaubt man vielen Erziehungswissenschaftlern und -wissenschaftlerinnen, fällt diese Entscheidung gleich viel leichter. Denn Langeweile ist grundsätzlich nichts Schlechtes. Manchmal muss man sie aushalten, da nur so die eigene Kreativität gefordert ist, um spannende Ideen zu entwickeln, die sie zu vertreiben vermögen. Wer immer beschäftigt ist oder eine Aufgabe zugeteilt bekommt, hat gar keine Chance, fantasievoll zu werden und die eigenen Gedanken kennenzulernen. Kinder stecken oft voller Neugierde, Entdeckergeist und Spontanität – diese Eigenschaften gilt es zu fördern. Da ist es durchaus hilfreich, wenn man den Kindern Zeit für Langeweile lässt und nicht umgehend ein Gegenprogramm auffährt.

Langeweile hilft dabei nicht nur der Kreativität auf die Sprünge, sondern auch der Selbstständigkeit. Denn geben Eltern jedem Wunsch nach Ablenkung nach, so lernt ihr Kind, sich auch in Zukunft sofort an sie zu wenden. Lässt man es sich eigene Beschäftigungsideen ausdenken, fördert dies seine Eigenständigkeit und steigert sein Selbstvertrauen.
Ihr Kind muss in sich hineinhorchen, um zu erforschen, was ihm wirklich Spaß macht. Auf diese Weise lernt es, auf sich und seine Gefühle zu hören und diese zu achten. Eine Vielzahl an Kindern hat häufig gar keine Chance, sich zu langweilen, da ihr Terminkalender dies nicht zulässt. Viele Forscherinnen und Forscher raten jedoch dazu, den Alltag von Kindern nicht vollständig zu verplanen. So bietet man ihnen die Möglichkeit, über ihre Beschäftigungen und ihre Vorlieben nachzudenken.
­Und auch einmal zur Ruhe zu kommen, denn viel zu sehr ist unser Alltag von Stress und Hektik geprägt. Doch Kinder – und Erwachsene natürlich auch – brauchen Zeit für sich, um dieser Hektik zu entfliehen und den Tag zu rekapitulieren. Damit festigen sich Erfahrungen und Erlerntes. Zuletzt wird ein Kind, das nicht gelernt hat, seine Langeweile auszuhalten, auch als Erwachsener schwer damit umgehen können.

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Bild: AdobeStock/galitskaya

Trotzdem spricht natürlich nichts dagegen, Ihrem Kind gelegentlich Impulse für Spielideen zu geben, die es selbst weiterentwickeln kann. Manchmal reicht es möglicherweise ja schon, auf seinen Ausruf „Mir ist sooooo langweilig!“ mit der Frage zu antworten: „Was möchtest du denn gerne machen?“. Damit zeigen Sie, dass Sie sich Zeit nehmen und Interesse haben und offen sind für Vorschläge und Unterstützung, aber Ihr Kind ebenfalls herausgefordert ist, sich selbst etwas zu überlegen. Schön, wenn auch mal etwas „Verrücktes“ erlaubt ist.

Nach zu übersprudelnden Ideen und wilder Kreativität müssen Sie als Eltern hinterher vielleicht ein bisschen beim Aufräumen oder Putzen helfen, aber das waren die fantasievollen Stunden bestimmt wert. 😉

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